Der 360-Grad-Sanierer
Die InsO umfasst 359 Paragraphen. Ein guter Insolvenzverwalter behält gleichwohl immer den Überblick und schafft es mit seinem Wissen, die vorhandenen Werte zu sichern, Potenziale zu erkennen und für jede Situation die bestmögliche Lösung zu finden – ein echter 360-Grad-Sanierer.
Insolvenzverwalter sind es gewohnt, (umfangreiche) Restrukturierungs- und Sanierungsprojekte zu steuern, auch unter Zeitdruck Entscheidungen zu treffen, Strukturen schnell zu durchdenken und für eine Zukunftsperspektive (neu) auszurichten. Zudem müssen sie in einer mitunter komplexen Gemengelage der unterschiedlichen Interessen den Überblick und gleichzeitig die Ziele der Sanierung im Blick behalten: Die Gläubiger eines Schuldners sollen gleichmäßig und bestmöglich befriedigt werden. Wann immer wirtschaftlich sinnvoll, sollen aber auch das Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Antworten auf existenzielle Fragen
Um diese beiden Ziele, die oft, aber eben nicht immer deckungsgleich sind, zu erreichen und auf diesem Weg die Verfahrensbeteiligten mitzunehmen, ist es wichtig, dass ein Insolvenzverwalter ein guter Manager, Stratege, Organisator, Unternehmensführer und Controller in einer Person ist. Zusätzlich zur insolvenzrechtlichen Spezialisierung und dem notwendigen betriebswirtschaftlichen Fachwissen muss ein Insolvenzverwalter umfangreiche Spezialkenntnisse besitzen, um gemeinsam und in Abstimmung mit den Beteiligten Antworten auf die existenziellen Fragen zu finden – auf die des Schuldnerunternehmens, aber auch auf die der Gläubiger.
Diese Antworten sind in der Regel nicht einfach, sondern vielschichtig. Daher braucht ein Insolvenzverwalter ein Team, das mit ihm die Situation analysiert, daraus Maßnahmen ableitet und umsetzt und dabei immer das große Ganze im Blick hat. Von Vorteil ist, wenn der Insolvenzverwalter in einer großen Kanzlei tätig ist, die bei Bedarf viele Bereiche mit eigenen Experten abdecken kann, die bereits als Team zusammengearbeitet haben – etwa aus dem Arbeitsrecht, aus der Betriebswirtschaft oder bei grenzüberschreitenden Fragestellungen.
Vielschichtiges Leistungsspektrum
Ebenso vielschichtig wie die Antworten auf die existenziellen Fragen ist das Leistungsspektrum, das ein Insolvenzverwalter mit seinem Team abdeckt. Hinzu kommt, dass es nicht die eine Insolvenz gibt, sondern jede Sanierung ihre ganz eigenen An- und Herausforderungen hat – Nachlassinsolvenzen, Kriminalinsolvenzen oder Zwangsverwaltungen von Immobilien mit eingerechnet.
Neben der Ermittlung der Insolvenzgründe, aber auch der Sanierungsfähigkeit und der Finanzplanung, erstellen und prüfen sie Sanierungskonzepte oder erstellen und überwachen die Planrechnungen.
Ist eine Sanierung mit Insolvenzplan angedacht, kümmern sich Insolvenzverwaltung und Geschäftsführung des Schuldnerunternehmens um dessen Ausgestaltung und Abstimmung mit dem Gericht und den Gläubigern. Bei einer übertragenden Sanierung steuert der Insolvenzverwalter den M&A-Prozess.
Man kann also – um beim 360-Grad-Bild zu bleiben – durchaus sagen, dass sich in einer Insolvenz alles um den Insolvenzverwalter dreht. Er hat mit seinem Handeln großen Anteil am Gelingen einer Sanierung – sein Einsatz und seine Leistung gehen dabei über ein reines „Verwalten“ hinaus.
Gerade erfahrene Insolvenzverwalter eignen sich daher zudem dafür, die Position eines CRO oder eines Sachwalters in einer Eigenverwaltung oder einem Schutzschirmverfahren sowie eines Restrukturierungsbeauftragten in einer StaRUG-Restrukturierung zu übernehmen.
Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Tobias Hartwig, MBA,
leitet die Standorte Hannover und Braunschweig von Schultze & Braun. Er wird regelmäßig von Gerichten in Niedersachsen, Brandenburg und Berlin als Insolvenzverwalter bestellt und hat mit seinem Team bereits zahlreiche Unternehmen unterschiedlicher Größe erfolgreich bei ihren Sanierungsverfahren begleitet. Außerdem ist Tobias Hartwig Lehrbeauftragter für Insolvenzrecht an der HR Nord Hochschule für Rechtspflege Hildesheim.