Der Sachwalter als Koordinator der Interessen: Das Beste für zwei Welten
Der Sachwalter vertritt in einer Eigenverwaltung die Rechte der Gläubiger. Im Interview erläutert Dr. Dietmar Haffa, wie das wichtige Zusammenspiel zwischen Sachwalter und Eigenverwaltung reibungslos funktionieren kann und welch entscheidende Rolle dabei das gegenseitige Vertrauen spielt.
Herr Dr. Haffa, Sie waren bereits in zahlreichen Eigenverwaltungen als Sachwalter tätig. Was sind aus Ihrer Sicht die maßgeblichen Erfolgsfaktoren für einen reibungslosen Ablauf?
Haffa: Entscheidend ist, dass das Zusammenspiel zwischen Eigenverwaltung und Sachwaltung von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Das ist durchaus mit einer Beziehung vergleichbar. Auch wenn es da durchaus einmal Differenzen gibt: Eigenverwaltung und Sachwaltung haben als Partner doch ein gemeinsames Ziel, nämlich die erfolgreiche Sanierung. Um das zu erreichen, muss man sich aufeinander verlassen können. Und berechenbar sein: Wenn ich etwas ankündige, muss ich es auch umsetzen. Und das muss auch passieren, wenn das einmal nicht schriftlich vereinbart wurde. Wenn Eigenverwaltung und Sachwaltung eine Vertrauensbasis haben und Dinge auch über den kleinen Dienstweg regeln, verschafft ihnen das die Zeit, die in einer Sanierung wortwörtlich viel wert sein kann. Das trifft aber auch auf den Restrukturierungsbeauftragten und seine Aufgaben und Tätigkeit in einer StaRUG-Restrukturierung zu.
Welche Rolle spielt die Kommunikation untereinander?
Haffa: Ein regelmäßiger Austausch ist das A und O und besteht aus mehreren Bausteinen. Die Basis bilden feste Jour-fixe-Termine. In der Regel finden die ein bis zwei Mal in der Woche statt. Zudem ist es wichtig, dass sich Eigenverwaltung und Sachwaltung bei wichtigen Entscheidungen individuell abstimmen. Das ist gerade zu Beginn einer Sanierung in der Regel öfter der Fall, da dann der Abstimmungsbedarf größer ist. Wenn die Sanierung die ersten Hürden überwunden hat und in ruhigeren Bahnen verläuft, dann pendelt sich der Abstimmungsturnus oft auf ein bis zwei Mal in der Woche ein. Die Entscheidung über und die Freigabe von Bestellungen und Zahlungen läuft unabhängig davon in einem täglichen Rhythmus ab. Wie oft Eigenverwaltung und Sachwaltung miteinander sprechen sollten, hängt aber natürlich auch von Faktoren wie von der Größe oder der Komplexität des zu sanierenden Unternehmens ab.
Wie bekommt man als Sachwalter die Doppel-Funktion als Ansprechpartner für die Eigenverwaltung und als Wahrer der Gläubigerrechte hin?
Haffa: Man muss sich immer klar machen, dass man als Sachwalter in einer Vermittler-Position tätig ist. Das bedeutet, dass man sich darum kümmern muss, die Interessen der beteiligten Parteien miteinander in Einklang zu bringen. Allerdings muss man dabei natürlich seine Prioritäten setzen – und die liegen für den Sachwalter qua Amt in erster Linie darin, sicherzustellen, dass die Gläubigerrechte gewahrt werden. Das soll laut Gesetz zwar auch die Eigenverwaltung im Blick haben. Es kommt in der Praxis aber immer wieder vor, dass die Ansichten und Interessen der Gläubiger und der Eigenverwaltung, die ja vom Schuldnerunternehmen beauftragt wird, nicht deckungsgleich sind. Da sich der Sachwalter aufgrund seines Aufgabenspektrums regelmäßig mit beiden Seiten abstimmt, kommt ihm in einer Sanierung in Eigenverwaltung eine entscheidende Vermittler-Rolle zu – etwa, wenn es darum geht, Kompromisse zu finden, die von den Gläubigern, aber auch vom Schuldnerunternehmen akzeptiert werden können. Denn gegen die Gläubiger ist eine Sanierung nicht möglich, ohne das Schuldnerunternehmen allerdings auch nicht.
Wie schafft man es, zwischen den beteiligten Parteien zu vermitteln?
Haffa: Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist, dass man sich immer wieder klar macht, dass es mehrere Wege gibt, das Ziel zu erreichen. Die Kunst ist auszuloten, welchen Weg die unterschiedlichen Stakeholder mitgehen, und welcher in eine Sackgasse führt. Das hat natürlich auch viel mit Erfahrung zu tun. Aber wenn man sich gut in die jeweiligen Parteien hineinversetzen kann und die Kreuzungen, die Meilen-, aber auch die Stolpersteine der unterschiedlichen Wege antizipiert und transparent darstellt, schafft man Vertrauen und kann alle Parteien auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel mitnehmen und eine erfolgreiche Sanierung erreichen.
Welche Rolle spielt der Sachwalter bei einer Sanierung mittels Insolvenzplan?
Haffa: In einer Eigenverwaltung ist der Insolvenzplan oftmals das Sanierungsinstrument der ersten Wahl. Auch in einem solchen Fall müssen die Gläubiger mit mehr als 50 Prozent der Köpfe und der Summen zustimmen. Von daher ist es hier für die Eigenverwaltung, aber auch für den Sachwalter wichtig, zu moderieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, mit denen die Mehrheit einverstanden sein kann.
Woran erkennt man einen guten Sachwalter?
Haffa: Ein guter Sachwalter schafft es, das Beste für zwei Welten zu erreichen – die der Eigenverwaltung und die der Gläubiger. Von daher ist es in dieser Rolle essentiell, sich weder von der einen, noch von der anderen Welt vereinnahmen zu lassen. Sowohl Eigenverwaltung als auch Gläubiger und Gericht müssen ihm vertrauen können.
Der Interviewpartner
Dr. Dietmar Haffa
ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Diplom-Betriebswirt bei Schultze & Braun. Er ist Experte für Sanierungs- und Insolvenzberatung und hat bereits zahlreiche Unternehmen bei ihren Sanierungen als Insolvenzverwalter oder Sachwalter begleitet. Zudem ist er in mehreren StaRUG-Restrukturierungen als Restrukturierungsbeauftragter tätig.