Corona-Überbrückungshilfen: Abgerechnet wird zum Schluss!
Allerspätestens bis Ende September 2024 mussten Unternehmen, die Überbrückungshilfen erhalten haben, eine Schlussabrechnung einreichen. Stefan Schwindl von der MTG Wirtschaftskanzlei und Dr. Elske Fehl-Weileder von Schultze & Braun erläutern, welche Rechte und Pflichten Unternehmen haben, die Hilfen zurückzahlen müssen und welche Punkte sie beachten sollten.
Während der Corona-Pandemie hat der Staat Unternehmen finanziell unter die Arme gegriffen – über alle Hilfsprogramme hinweg wurden über 71 Milliarden Euro an Hilfen ausgezahlt und so manches Unternehmen wäre ohne diese Hilfen heute sehr wahrscheinlich nicht mehr am Markt tätig. Für Überbrückungshilfen, für die es insgesamt fünf Programme gab, sowie für die November- und Dezemberhilfe mussten alle Unternehmen, die Hilfen erhalten hatten, bis 30. September 2024 eine sogenannte Schlussabrechnung einreichen. Nun werden von den zuständigen Bewilligungsstellen die Bescheide versandt, und gerade für Unternehmen, die einen Rückzahlungsbescheid erhalten haben, ist es wichtig, zu wissen, welche Optionen sie haben.
Aus der Schlussabrechnung kann sich eine Rückzahlung etwa dann ergeben, wenn der Corona-bedingte Umsatzausfall geringer war, als bei der Beantragung der Hilfe angenommen wurde. Bei Rückfragen der Bewilligungsstellen im Rahmen der Schlussabrechnung ging und geht es für die Unternehmen zudem verstärkt darum, nachzuweisen, dass der angegebene Umsatzrückgang Corona-bedingt war.
Hopp oder top bei der Schlussabrechnung
Wenn die Bewilligungsstelle die Begründung und die Belege des Unternehmens dafür, dass der Umsatzrückgang Corona-bedingt war, nicht anerkennt, kommt es zum Fallbeileffekt: Jede Berechnung in der Schlussabrechnung ist dann hinfällig. Die Folge: Das Unternehmen muss die erhaltenen Überbrückungshilfen in voller Höhe zurückzahlen. Eine Abstufung – etwa in Form einer Teil-Rückzahlung – kommt in solchen Fällen nicht in Frage: Es gibt nur hopp oder top! Aber auch Unternehmen, die die Frist für die Abgabe der Schlussabrechnung gerissen haben oder überhaupt keine Schlussabrechnung abgegeben haben, müssen die Überbrückungshilfen auf jeden Fall in voller Höhe zurückzuzahlen.
Aufschiebende Wirkung
Unternehmen, die einen Bescheid über eine Rückzahlung erhalten haben, müssen diese innerhalb von sechs Monaten ab dem Datum des Schlussbescheids leisten. Es ist aber möglich, dass Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen für bis zu 24 Monate, im Einzelfall bis zu 36 Monate getroffen werden. Unabhängig von der Länge des Zeitraums muss der Betrag bis zur Rückzahlung nicht verzinst werden.
Grundsätzlich ist es zudem für jedes Unternehmen möglich, gegen einen Rückzahlungsbescheid Widerspruch einzulegen und in der Folge zu klagen. Da die Frist für die Einreichung der Schlussabrechnung Ende September 2024 ausgelaufen ist, sind die Bescheide zu den Schlussabrechnungen (Stand Mitte Dezember 2024) noch nicht flächendeckend ergangen. Das bedeutet wiederum, dass noch keine Erfahrungswerte vorhanden sind, um die Frage nach den Erfolgsaussichten von Klagen gegen Rückzahlungsbescheide zu beantworten.
Gerade Unternehmen, deren finanzielle Situation auch ohne einen Rückzahlungsbescheid für erhaltene Corona-Hilfen bereits angespannt ist, sollten jedoch auf jeden Fall prüfen, ob das eingelegte Rechtsmittel gegen den Bescheid eine aufschiebende Wirkung hat. Eine solche Wirkung haben etwa ein Widerspruch oder eine Anfechtungsklage. Die Rückzahlungsforderung kann dann bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Rückzahlungsbescheid von den Bewilligungsstellen nicht vollstreckt werden. Zudem führt die aufschiebende Wirkung dazu, dass der Betrag des Rückzahlungsbescheids bei der Prüfung der Frage „Ist mein Unternehmen noch zahlungsfähig?“nicht einbezogen werden muss.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Gleichwohl gilt in einem solchen Fall die Devise: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Oder anders formuliert: Die Rückzahlungsforderung muss zwar zunächst nicht beglichen werden, jedoch ist sie auch mit einem Widerspruch oder einer Anfechtungsklage nicht automatisch vom Tisch. Das bedeutet, dass Unternehmen, die einen Bescheid zur Rückzahlung erhalten haben, bei ihren finanziellen Planungen auf jeden Fall den kompletten Betrag berücksichtigen sollten.
Wenn absehbar ist, dass ihnen – etwa, wenn die gerichtliche Entscheidung die Rückzahlungspflicht bestätigt – die liquiden Mittel fehlen, um die Rückzahlung vorzunehmen, müssen sie mit der rückfordernden Stelle eine Lösung finden. Gelingt ihnen das nicht, kann es sein, dass ein Unternehmen durch die Verpflichtung zur Rückzahlung von Überbrückungshilfen zahlungsunfähig und/oder überschuldet wird.
Die Insolvenzantragspflicht im Blick behalten
Die Geschäftsleitung muss in einem solchen Fall innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Insolvenzantrag stellen, um sich vor finanziellen Haftungsrisiken zu schützen. Denn seit dem Jahreswechsel 2023/2024 gilt die Insolvenzantragspflicht wieder in vollem Umfang.
Vereinfacht dargestellt gilt: Kann ein Unternehmen seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen, liegt die Zahlungsunfähigkeit vor – bislang der mit Abstand häufigste Grund für Insolvenzanträge.
Jeden Fall individuell betrachten
Es zeigt sich, dass im Zusammenhang mit einem Rückzahlungsbescheid für Corona-Hilfen jeder Fall individuell betrachtet werden sollte – gerade, da dabei viele Faktoren eine Rolle spielen. Um im Fall der Fälle auf der sicheren Seite zu sein, ist es ratsam, auf fachliche Expertise zurückzugreifen, wenn Schlussbescheide zu Rückzahlungen und ihre möglichen Auswirkungen – Stichwort Insolvenzantragspflicht – geprüft werden müssen.