Krise oder Insolvenz eines Geschäftspartners: In guten wie in schlechten Zeiten?!
Die Zahl der Insolvenzen steigt und steigt, und für Unternehmen wird es immer wichtiger, sich auf die mögliche Krise oder Insolvenz eines Geschäftspartners vorzubereiten. Eine Option mit großer Wirksamkeit sind insolvenzabhängige Lösungsklauseln. Jedoch sind dabei einige Besonderheiten zu beachten.
In guten wie in schlechten Zeiten – so heißt es in vielen Ehegelübden. Nun ist ein Vertrag zwischen Geschäftspartnern keine Ehe, sodass sich eine oder beide Parteien eine Klausel als Trennungsoption für schlechte Zeiten festschreiben lassen – etwa die Insolvenz des Geschäftspartners. Solche sogenannten insolvenzabhängigen Lösungsklauseln sind in vielen Branchen gang und gäbe, weshalb eine unlängst ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu deren Wirksamkeit große Bedeutung hat.
Verträge, die noch nicht erfüllt worden sind
Die Entscheidung spielt besonders bei Verträgen eine große Rolle, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht erfüllt worden sind. Denn grundsätzlich kann in solchen Fällen der Insolvenzverwalter entscheiden, ob er den Vertrag – etwa über die Lieferung einer Ware oder eines Rohstoffs oder auch die Produktion einer Maschine oder die Erstellung eines Bauwerks – fortführt. Im Fall vor dem BGH ging es um die laufende Bus-Beförderung von Schülern.
Allerdings möchten viele Unternehmen im Falle der Insolvenz des Geschäftspartners diese Wahl lieber selbst treffen. Fakt ist jedoch: Das in der Insolvenzordnung geregelte Wahlrecht darf nicht eingeschränkt werden. Eine Klausel – vereinfacht dargestellt – „Der Vertrag ist hinfällig, wenn ein Geschäftspartner einen Insolvenzantrag stellt“ ist also meist unwirksam.
Konkretisierung der gesetzlichen Kündigungsgründe
Der BGH hat nun aber entschieden, dass insolvenzabhängige Lösungsklauseln grundsätzlich möglich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn darin etwa ein ohnehin bestehendes gesetzliches Recht konkretisiert wird. So ist es etwa im Bauvertragsrecht möglich, einen Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Die Klausel ist aber nur wirksam, wenn der Vertrag um den Zusatz konkretisiert wird, dass eine Insolvenz einen wichtigen Grund darstellt. So war es auch im Vertrag des später insolventen Busunternehmens mit seinem Auftraggeber. In diesem Bereich gibt es jedoch – wie in vielen anderen auch – keinen gesetzlichen Kündigungsgrund, der konkretisiert werden könnte.
Der Insolvenzverwalter des Busunternehmens klagte gegen die Kündigung des Beförderungsvertrages durch den Auftraggeber und forderte Schadensersatz. Der BGH hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass auch in Verträgen in Branchen, in denen es kein konkretisierbares gesetzliches Kündigungsrecht gibt, eine insolvenzbedingte Lösungsklausel wirksam sein kann. Nämlich dann, wenn eine Vertragspartei beim Abschluss des Vertrags ein berechtigtes Interesse daran hat, sich mit der Lösungsklausel im Falle der Insolvenz des Geschäftspartners vor einem besonderen Risiko zu schützen – im Fall des Busunternehmens für den Auftraggeber das Risiko eines (kurzfristigen) Wegfalls der Schülerbeförderung, da ja nicht klar ist, inwieweit ein insolventes Busunternehmen weiter Schüler befördern kann.
Drum prüfe individuell, wer sich nicht ewig binden will
Der BGH legt die Anforderungs-Messlatte für die Wirksamkeit einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel mit seiner Entscheidung hoch an. Mit dem Blick auf die Entscheidung ist es daher wichtig, den Aspekt der Interessenslage der beiden Parteien bei jedem Vertragsabschluss individuell und realistisch zu prüfen und zu definieren. Wenn der Vertrag zum Beispiel im Rahmen eines bestimmten Projektes oder einer Restrukturierung geschlossen wird, könnte als Lösungsklausel – wieder vereinfacht dargestellt – in Frage kommen: „Wir wollen das Projekt/die Restrukturierung gemeinsam angehen. Wenn es/sie nicht funktioniert, kann der nicht insolvente Geschäftspartner den Vertrag kündigen, denn ohne diese Möglichkeit würden wir den Vertrag nicht schließen und das Projekt/die Restrukturierung wäre von vorneherein ausgeschlossen.“ Eine erneute Prüfung der Klausel steht im Falle der Insolvenz eines Vertragspartners an, wenn sie und ihre Wirksamkeit ins Spiel kommen. Es prüfe also, wer sich (ewig) bindet.
Die Autoren
Dr. Ludwig J. Weber und Thomas Dömmecke sind Partner von Schultze & Braun und Experten für Sanierungsberatung, Gesellschaftsrecht sowie für die Abwehr von krisen- und insolvenzspezifischen Haftungssachverhalten. Die beiden Rechtsanwälte sind am Bremer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei tätig.