Arbeitsrecht, Restrukturierung und Insolvenz: Antworten auf wesentliche Fragen
Restrukturierungen und vor allem Insolvenzen stellen die Beteiligten immer vor große Herausforderungen. Das Arbeits- und das Sozialrecht bilden keine Ausnahme. Zu den rechtlichen Fragestellungen ist dabei auch der richtige Umgang mit den beteiligten Menschen entscheidend für das Gelingen.
Wichtig ist, dass dieser Umgang aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden muss. Neben den betriebswirtschaftlichen und den insolvenzrechtlichen Aspekten spielen das Arbeitsrecht und auch das Sozialrecht in Restrukturierungs- oder Insolvenzfällen eine zentrale Rolle – dabei gibt es keinen Unterschied, ob das Unternehmen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung oder ein Regel-Insolvenzverfahren durchläuft.
Einige wichtige Themen
In beiden Verfahrensarten muss gleichermaßen die Zahlung des Insolvenzgelds sichergestellt werden, und nicht immer können alle Arbeitsplätze eines in Schieflage geratenen Unternehmens erhalten werden. Für Unternehmer, Arbeitnehmer und deren Vertreter stellen sich im wahrsten Sinne des Wortes existenzielle Fragen:
- Geht es weiter und wie geht es weiter?
- Erhalte ich weiterhin meine Vergütung?
- Gibt es einen Personalabbau: Wer darf und wer soll bleiben? Wer muss gehen?
- Was wird mit meiner Altersversorgung?
Schon an diesen Fragen zeigt sich, dass die Bewältigung dieser Herausforderungen maßgeblich den Erfolg einer Sanierung mitbestimmen.
Herausforderungen meistern
Um diese Herausforderungen zu meistern, ist es für die handelnden Personen – also zum Beispiel CRO oder Insolvenzverwalter wichtig, ein Team aus Spezialisten an der Seite zu haben, die nicht nur die Situation analysieren, sondern auch Möglichkeiten und Handlungsspielräume aufzeigen und geeignete Lösungen begleiten und umsetzen. So werden Geschäftsführung und Personalabteilung des Unternehmens bei allen rechtlichen Fragestellungen unterstützt und entlastet – unabhängig, ob es im Bereich der Kommunikation und Information der Arbeitnehmer und deren Vertreter ist oder mit der Arbeitsagentur bei Themen der Insolvenzgeldvorfinanzierung oder der Beantragung von Transferkurzarbeitergeld sein sollte.
Gleiches gilt im Spezialbereich der betrieblichen Altersvorsorge mit dem Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit (PSVaG), aber auch selbstverständlich in den Veräußerungsszenarien. Die Begleitung und Umsetzung erstreckt sich über das ganze Restrukturierungs- oder Sanierungsprojekt hinweg.
Schon die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes hat in einer Sanierung eine existenzielle Bedeutung. Denn die Arbeitnehmer sind auf ihr Einkommen angewiesen und in der Regel nicht bereit oder in der Lage, längere Zeit ohne Vergütung zu arbeiten. Vielmehr werden sich gerade die sogenannten „Schlüsselarbeitnehmer“, die für die Sanierung und die Zeit danach unentbehrlich sind, einen neuen Arbeitgeber suchen, wenn sie ihr Gehalt nicht rechtzeitig erhalten.
Daher ist es unerlässlich, kurzfristig in Zusammenarbeit mit einer Bank und der Arbeitsagentur eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes auf den Weg zu bringen. Auf diese Weise wird die Vergütung der Arbeitnehmer für den Insolvenzgeldzeitraum abgesichert und dieser zur weiteren Mitarbeit motiviert. Das verschafft Zeit für eine Umsetzung der Sanierung, die gerade in solchen Fällen ohnehin schon knapp bemessen ist.
Erfolgsfaktor Dialogfähigkeit
Restrukturierungen, ob innerhalb oder außerhalb eines Insolvenzverfahrens, stellen immer Sondersituationen für alle Beteiligten dar. Jeder einzelne Fall hat seine Besonderheiten und sein eigenes Gepräge – „Schema F“ funktioniert hier regelmäßig nicht. Das ist auch aus arbeits- und sozialrechtlicher Sicht der Fall. So unterschiedlich wie die Belegschaft eines Unternehmens sind auch die Anforderungen an die Themen und Tätigkeiten in diesem Bereich.
Gerade Eigenverwaltungen stellen – mehr noch als Regelinsolvenzverfahren – eine individuelle Herausforderung dar, die maßgeschneiderte Lösungen verlangen und somit umfassende Kenntnisse der insolvenzrechtlichen Besonderheiten im Arbeits- und Sozialrecht von Nöten machen.
Das lässt sich gut am Beispiel des Insolvenzplans darstellen, der gerade in Eigenverwaltungen oft das Sanierungsinstrument der ersten Wahl ist. Wenn das Unternehmen seinen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersvorsorge zugesagt hat, ist der Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) im Rahmen eines Insolvenzplans nicht selten als (Groß-)Gläubiger zu beteiligen und regelmäßig mit einer Besserungsklausel im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) zu berücksichtigen. Zudem verfolgt der PSVaG in diesen Gefilden stets das Ziel, zumindest die Versorgungsansprüche der aktiven Versorgungsanwärter auf das sanierte Unternehmen zurück zu übertragen. Der Dialog mit dem PSVaG ist daher ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor, damit die betriebliche Altersvorsorge nicht zum Stolperstein oder gar zur unüberwindbaren Hürde für die Sanierung wird.
Auch der Dialog mit den Arbeitnehmern, respektive ihren Repräsentanten in mitbestimmten Betrieben, sind ein wichtiger Baustein für den Erfolg einer Sanierung. Arbeitnehmer, die den rechtlichen Rahmen und sich daraus ergebenden Notwendigkeiten nicht kennen, werden sich auch gutgemeinten Maßnahmen nach dem Motto widersetzen, „kenne ich nicht, will ich nicht.“
Schon aus diesem Grund ist es sehr wichtig, die Arbeitnehmer (gegebenenfalls auch Betriebsrentner) frühzeitig über die rechtlichen Rahmenbedingungen und unter Umständen anstehenden Maßnahmen nachvollziehbar zu informieren. Die Transparenz des unternehmerischen Verhaltens fördert erfahrungsgemäß die Akzeptanz bei den Arbeitnehmern, beugt einem Störfeuer vor und dient der zielgerichteten zeitnahen Umsetzung notwendiger Maßnahmen.
In diesen Kontext gehört gleichwertig auch die rechtzeitige Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen (Betriebsräte, gegebenenfalls auch Gewerkschaften) zumindest in den mitbestimmungsrelevanten Angelegenheiten. Diese sind in der Regel in der Lage, Stimmungen in der Belegschaft zu steuern oder zu kanalisieren. Hierbei wird eine gute Portion Empathie sehr hilfreich sein, weil die emotionale Komponente – die meisten Arbeitnehmer und Betriebsräte fühlen sich zumeist zunächst ausgeliefert oder übergangen – nicht zu unterschätzen ist. Letztendlich dürfte jedermann einleuchten, dass die Umsetzung eines Personalabbaus unter der vertrauensvollen Beteiligung des Betriebsrats wesentlich mehr Erfolgspotenzial in sich trägt als der mit einem blockierenden Betriebsrat.
Gestaltung auf engem Raum
Auch bei der Veräußerung des Unternehmens, der sogenannten übertragenden Sanierung, gibt es Herausforderungen: Eine davon ist der Umgang mit der Betriebsübergangsregelung des § 613a BGB, die zentraler Dreh- und Angelpunkt jeder Übertragung ist. Die Arbeitnehmerschutznorm kann die Veräußerung eines Betriebs mitunter erheblich erschweren. Die rechtlichen Grenzen für individuelle Gestaltungen sind in diesem Zusammenhang eng gesetzt. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wo die Grenzen sind und wie man sich in ihnen bewegen kann, ohne sie rechtsschädlich zu überschreiten. Aber auch hier bietet das spezialisierte Team kreative Lösungen im Rahmen der von der Rechtsprechung gesetzten Grenzen. Um diese zum Erfolg zu führen, wird der Schlüssel in guter und nachvollziehbarer Kommunikation liegen.
Die dargestellten Herausforderungen stehen beispielhaft für die zahlreichen Fragestellungen, die sich in Restrukturierungs- oder Insolvenzfällen stellen. Es zeigt sich daher immer wieder: Arbeitsrecht, Restrukturierung und Insolvenz erfordern auch von den Spezialisten multiple Fähigkeiten, mit denen existenzielle Fragen beantwortet werden müssen.