- Strategischer Investor unterzeichnet Kaufvertrag für 6 Geschäftsbetriebe und Unternehmen
- Insolvenzverwalter Volker Böhm: „Verhandlungen unter großem Zeitdruck“
- Alle Standorte und rund 650 Arbeitsplätze bleiben erhalten (insgesamt 770 Arbeitsplätze gerettet)
Plößberg/Oberpfalz. Wesentliche Teile des Ziegler-Geschäftsbereichs Holzverarbeitung wurden an einen Investor veräußert. Dies teilte der Insolvenzverwalter dieser Unternehmen, Volker Böhm von Schultze & Braun, soeben mit. Böhm unterzeichnete gestern Abend einen entsprechenden Kaufvertrag mit dem fränkischen Holzkonzern „Rettenmeier Holding AG“. Rettenmeier übernimmt die Geschäftsbetriebe der „Ziegler Holzindustrie GmbH & Co. KG“, der „Ziegler Naturenergie GmbH“, der „Ziegler Forstservice GmbH“ und der „Holzzentrum Ziegler GmbH“. Außerdem erwirbt Rettenmeier die nicht insolventen Ziegler-Gesellschaften „Prechtl GmbH Anlagen- und Maschinenbau“ sowie die „Ruhland Druckluft & Systemtechnik GmbH“.
Rettenmeier will alle Standorte erhalten und übernimmt den Großteil der beschäftigten Arbeitnehmer. Im Einzelnen: Bei der „Ziegler Holzindustrie GmbH & Co. KG“ sind dies 516 von ursprünglich 665 Arbeitnehmern, bei der „Ziegler Naturenergie GmbH“ alle 54 Arbeitnehmer, bei der „Ziegler Forstservice GmbH“ alle 18 Arbeitnehmer und bei der „Holzzentrum Ziegler GmbH“ 46 von 97 Arbeitnehmern, wobei beim Holzzentrum Ziegler der Großbrand Ende November 2024 berücksichtigt werden muss. Bei den nicht insolventen Gesellschaften „Prechtl GmbH Anlagen- und Maschinenbau“ (10 Arbeitnehmer) sowie „Ruhland Druckluft & Systemtechnik GmbH“ (3 Arbeitnehmer) übernimmt Rettenmeier alle Beschäftigten.
Die Gläubiger haben die Übernahme durch Rettenmeier bereits genehmigt. Dem Kaufvertrag müssen noch die Kartellbehörden zustimmen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
„Die Rettenmeier-Gruppe gehört in der Holzverarbeitungsbranche zu den führenden deutschen Anbietern“, hob Böhm nach der heute erfolgten Unterzeichnung des Kaufvertrages hervor. „Rettenmeier verfügt deshalb über das nötige Know-how, um die erworbenen Betriebe zurück in die Erfolgszone zu führen. Bei Rettenmeier befinden sich die Ziegler Holzverarbeitungs-Betriebe in sehr guten Händen.“
Der Verkauf des Ziegler-Kerngeschäfts erfolgte mit gerade einmal zwei Monaten innerhalb kürzester Zeit. Böhm hatte unmittelbar nach den Insolvenzanträgen der Gruppe einen sog. „strukturierten Investorenprozess“ eingeleitet und mit Hochdruck nationale und internationale Käufer gezielt angesprochen. Obwohl die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer für drei Monate durch das Insolvenzgeld abgedeckt waren, blieben die Holz-Geschäftsbetriebe immer noch defizitär. Böhm: „Wir standen von Anfang an unter großem Zeitdruck, da früh feststand, dass nach Ende des Insolvenzgeldzeitraumes eine Aufrechterhaltung der Geschäftsbetriebe ohne eine Investorenlösung nicht möglich ist.“ Böhm musste deshalb bis Ende Januar 2025 eine Vereinbarung mit einem Investor schließen, der bereits ab dem 1. Februar 2025 die Geschäftsbetriebe fortführt.
„Dass dies gelungen ist und die vier Holz-Geschäftsbetriebe an den Investor übergeben werden können, ist ein großer Erfolg“, ergänzte Böhm. Allerdings waren vor Unterzeichnung des Kaufvertrages bei einigen der Geschäftsbetriebe Personalanpassungen unumgänglich. „Ohne eine Anpassung vor allem bei den Personalkosten wäre ein wirtschaftlicher Betrieb und damit die vereinbarte Investorenlösung unmöglich gewesen.“
Dies ist auch der Grund, warum der Geschäftsbetrieb der „Ziegler Logistik GmbH“ heute eingestellt werden muss und die rund 300 Beschäftigten ihre Kündigungen erhalten. Aufgrund der fortgesetzten Verluste ist eine Fortführung des Unternehmens ohne einen Investor nicht mehr möglich. Zwar hatte es lange so ausgesehen, dass auch für die Ziegler Logistik GmbH eine Investorenlösung zustande kommen könnte. Ein Investor hatte bis zuletzt die Übernahme geprüft, sich dann jedoch erst kurz vor Verfahrenseröffnung gegen eine Übernahme entschieden. Böhm ist deshalb gezwungen, den Betrieb der Ziegler Logistik GmbH Ende Januar einzustellen. In einem Insolvenzverfahren darf ein Unternehmen nicht fortgeführt werden, wenn es Verluste macht, weil dadurch die Gläubiger weiter geschädigt würden.
„Ich bedauere sehr, dass zahlreiche Ziegler-Mitarbeiter als Folge der Insolvenzanträge ihre Arbeitsplätze verloren haben“, sagte Böhm. „Zugleich bin ich aber auch erleichtert, dass es trotz des enormen Zeitdrucks und einer derartig schwierigen Auftragslage gelungen ist, alleine in der Holzverarbeitung fast 770 Arbeitsplätze zu retten. Das war zu Beginn der Insolvenzverfahren keineswegs sicher.“ Bereits vor zwei Wochen konnte Volker Böhm eine Investorenlösung für das ebenfalls zum Ziegler-Geschäftsbereich Holzverarbeitung gehörende Tochterunternehmen „naturheld“ bekanntgeben. Alle der rund 130 Arbeitsplätze sowie der Standort bleiben dadurch erhalten.
Für einige weitere Unternehmen der Ziegler-Gruppe dauern die Investorenverhandlungen noch an. Aber auch hier wird in Kürze mit Entscheidungen gerechnet.
Böhm dankte allen Mitarbeitern für ihr außergewöhnliches Engagement während der schwierigen Zeit seit den Insolvenzanträgen vor gut zwei Monaten. „Eine Insolvenz ist für die betroffenen Mitarbeiter immer mit Stress und mit existenziellen Sorgen verbunden“, betonte Böhm. „Umso bewundernswerter ist es, dass die Arbeitnehmer trotz dieser schwierigen Situation dem Unternehmen die Treue gehalten und weiterhin mit vollem Engagement ihren Job gemacht haben.“
Außerdem dankte Böhm den Lieferanten und Kunden, die durch ihre Unterstützung einen wichtigen Beitrag zur Fortführung der Ziegler-Gruppe während des vorläufigen Insolvenzverfahrens geleistet hätten. Und schließlich hob der vorläufige Insolvenzverwalter die Unterstützung durch die Politik hervor. Landrat, Bürgermeister und nicht zuletzt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hätten der Gruppe während der Verfahren den Rücken freigehalten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unterstützung angeboten.
Seit Ende November 2024 hatten 27 der 45 Ziegler-Gruppengesellschaften Insolvenz angemeldet. Die Gruppe hatte in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch Zukäufe einen offensiven Wachstumskurs eingeschlagen. Neben dem Kerngeschäft, der Holzbearbeitung und -verarbeitung für die Bauindustrie, ist die Ziegler-Gruppe mittlerweile u.a. in der Logistik, der Pelletproduktion, der Forstwirtschaft, im Haus- und Modulbau sowie in angrenzenden Gewerken wie der Haustechnik tätig. Allerdings wurde die Unternehmensgruppe inmitten ihrer Wachstumsphase durch den Nachfrageeinbruch im Bausektor infolge des Ukraine-Krieges und des Zinsanstiegs schwer getroffen. Nach eigenen Angaben beschäftigte die Ziegler-Gruppe zu Beginn der Insolvenzanträge rund 3.000 Mitarbeiter in drei Ländern (Deutschland, Schweden und Rumänien) und erwirtschaftete im Jahr 2023 bei schwachen Märkten einen Gruppenumsatz von rund 750 Millionen Euro.