Überraschende Änderungen des StaRUG und aus COVInsAG wird SanInsKG

Von Dr. Elske Fehl-Weileder, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Im Juli 2022 hat der Bundestag das „Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderung weiterer Vorschriften“ beschlossen. Damit sollte im Wesentlichen eine Sonderregelung prolongiert werden, die es Aktiengesellschaften während der Corona-Pandemie ermöglicht hatte, ihre Hauptversammlungen virtuell abzuhalten, und die im August 2022 ausgelaufen ist. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sind in den Entwurf durch den Rechtsausschuss weitere Artikel eingefügt worden, die Änderungen der InsO und des StaRUG beinhalten. Da diese Änderungen ohne vorherige Konsultation von Verbänden oder sonstigen Experten aus dem Insolvenz- und Restrukturierungsbereich erfolgten, lösten sie einige Überraschung in der Fachwelt aus.

Während die Änderungen der Insolvenzordnung sich hauptsächlich auf redaktionelle Anpassungen im Bereich der Eigen­verwaltung beschränken, sind die Änderungen am StaRUG deutlich umfassender ausgefallen und führen auch zu inhaltlichen Modifikationen.

Nachgebessert wurde etwa die Klarstellung in § 45 Abs. 3 StaRUG, dass auch bei einem gerichtlichen Planabstimmungsverfahren der Plan den Gläubigern samt Anlagen zugestellt werden muss. So ist der Gleichlauf zwischen den Abstimmungsverfahren mit und ohne gerichtliche Beteiligung hergestellt. Ob auch die in § 17 Abs. 1 Satz 2 StaRUG erwähnte Kostenprognose mitzusenden ist, lässt der Gesetzgeber allerdings offen – aus Gläubigersicht wäre dies sicher wünschenswert.

Eine inhaltlich weiter gehende Änderung besteht darin, dass der Aufgabenkreis des Restrukturierungsbeauftragten erweitert wird: Ihm wird in § 76 Abs. 2 Nr. 4 StaRUG nunmehr auch die Aufgabe zugewiesen, bei der Erarbeitung des Restrukturierungskonzepts und des darauf basierenden Plans mitzuwirken. Ob diese Beteiligung bei der Planerstellung dazu führen wird, dass das Gericht sich für die Überprüfung des Plans eines weiteren, gesonderten Sachverständigen bedient, weil der Restrukturierungsbeauftragte als an der Planerstellung Beteiligter nicht mehr über die hierfür notwendige Neutralität verfügt, wird die zukünftige Praxis zeigen.

Nach dem Auslaufen der zentralen Regelungen des im letzten Jahrbuch noch abgedruckten COVInsAG, insbesondere der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, ist dieses in der aktuellen Gesetzessammlung nicht mehr enthalten.

Zwar wurde eine erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht als Erleichterung für die nunmehr durch die Energiekrise und den Ukraine-Krieg mit seinen wirtschaftlichen Folgen gebeutelten Unternehmen intensiv diskutiert, jedoch kommt es dieses Mal nur zu einem „COVInsAG light“ in Form des SanInsKG. Darin enthalten ist keine erneute Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, sondern es wird den insolvenzgefährdeten Unternehmen Luft verschafft, indem Modifikationen bei dem Insolvenzgrund der Überschuldung vorgenommen wurden. Die Überschuldung ist bereits dann wegen einer positiven Fortführungsprognose ausgeschlossen, wenn das Unternehmen für die nächsten vier Monate durchfinanziert ist – bisher musste dies für zwölf Monate sichergestellt sein. Außerdem ist die Maximalfrist zur Stellung eines Insolvenzantrags bei Überschuldung von derzeit sechs auf acht Wochen heraufgesetzt worden.

Eine weitere Erleichterung für die Unternehmen besteht darin, dass bei einem Insolvenzverfahren in Eigen­verwaltung die erst mit der letzten Änderung der InsO durch das SanInsFoG im Jahr 2021 eingeführte Anforderung an die Vorlage einer Planung modifiziert wurde: Statt eines Finanzplans, der die nächsten sechs Monate abdeckt (§ 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO), genügt es nach der Neuregelung, wenn der Plan die gesicherte Fortführung für die nächsten vier Monate darstellt. Dasselbe gilt für die Restrukturierungsplanung und deren nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG zugrunde zu legenden Planungszeitraum. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Energiekrise und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens muss dabei – anders als bei den wesentlichen Regelungen des COV­InsAG – nicht bestehen.

Es ist mit Spannung zu erwarten, wie lange die tatsächliche Geltungsdauer der Regelungen sein wird, also ob es wie bei dem COVInsAG zu einer Verlängerung über den derzeit als Endzeitpunkt vorgesehenen 31. Dezember 2023 hinaus kommen wird. Denn insbesondere die Reduzierung des Prognosezeitraums bei der Überschuldung zur „Entschärfung“ dieses zur Insolvenzantragstellung verpflichtenden Insolvenzgrundes wird in der Fachwelt bereits seit geraumer Zeit auch unabhängig von den aktuellen Krisen diskutiert.

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