StaRUG: Wirkungen des bestätigten Plans

27. Oktober 2021 Blog Restrukturierung und Sanierung

Der folgende Beitrag setzt sich damit auseinander, wie der bestätigte Plan wirkt. Hierbei ist bei einem Restrukturierungsplan ein Punkt von besonderer Wichtigkeit: Der Restrukturierungsplan entfaltet bereits zum Teil Wirkungen, bevor die Bestätigung des Plans rechtskräftig wird. Insoweit ist hinsichtlich der Wirkung bestätigter Restrukturierungspläne zu unterscheiden in die zwei Phasen vor und nach Rechtskraft der Bestätigung.

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Rüdiger Bauch

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

I. Die materielle Wirksamkeit des Plans

Ein signifikanter Unterschied zwischen dem Insolvenzplan und dem Restrukturierungsplan („Plan“) ist, dass der Restrukturierungsplan gem. § 67 Abs. 1 S. 1 StaRUG bereits vorläufig, also bevor die Bestätigung in Rechtskraft erwächst, wirksam ist. Auch die Beschwerde hat grundsätzlich gem. § 66 Abs. 4 StaRUG keine aufschiebende Wirkung. Dies bedeutet, der Plan entfaltet (weitestgehend) eigene Rechtswirkung unabhängig vom Rechtsbestand. Dies wurde bereits in der Restrukturierungsrichtlinie festgesetzt und vom Gesetzgeber übernommen. Hintergrund ist, dass der Schuldner vor Störern geschützt sein soll. Müsste der – immer noch drohend zahlungsunfähige! – Schuldner noch auf die Wirksamkeit nach Bestätigung des Plans warten, insbesondere im Fall der Beschwerde, könnte sich die Situation qua Zeitablauf in erheblicher Weise negativ verändern, zum Beispiel dadurch, dass sich Kunden zwischenzeitlich umorientieren. Hierin läge eine erhebliche Gefahr hinsichtlich des erfolgreichen Abschlusses eines Sanierungsverfahrens.

Daher ist es Grundsatz, dass der Plan umfassend ab Bestätigung wirksam ist und auch entsprechend gegen die Planbetroffenen wirkt, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich die Rechtskraft des Plans zur Bedingung dieser Wirkung gemacht hat. Insbesondere die materiellen Gestaltungen des Plans sind bereits wirksam. Wurde etwa eine Stundung vereinbart, so hat der Planbetroffene dies gegen sich gelten zu lassen, selbst wenn der Plan rechtswidrig bestätigt wurde. Bis zur Beschwerdeentscheidung muss der Planbetroffene daher den Plan gegen sich gelten lassen. Vollends schutzlos sind die Planbetroffenen dabei nicht, denn Bedingung für ihren Einbezug in den Plan ist gem. § 67 Abs. 1 2.Hs. StaRUG, dass sie ordnungsgemäß am Abstimmungsverfahren beteiligt wurden.

Hervorzuheben ist auch, wie der Plan gegen mittelbar beteiligte Personen wirkt. So entfaltet der Plan gem. § 67 Abs. 2 StaRUG auch dahingehend Wirkung, dass sich befreiende Gestaltungen von Forderungen auch bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeiten oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien auf die persönlich haftenden Gesellschafter erstrecken, sofern nichts anderes vereinbart. Anders gestaltet sich nach Abs. 3 die Situation für gruppenfremde Bürgen und sonstige Sicherheitengeber, sofern nichts anderes vereinbart wurde, denn diese werden von dem freiwillig übernommenen Risiko durch den Plan nicht frei. Der Schuldner wird jedoch diesen gegenüber freigestellt von etwaigen Regressansprüchen.

Mit der Bestätigung treten auch bereits teilweise Heilungsfunktionen in Bezug auf das Planverfahren ein. Sie binden die Planbetroffenen weiter an den Plan. So sind Bewertungen von Forderung bei Umwandlung in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte gem. § 67 Abs. 5 StaRUG bindend, der Planbetroffene hat eine Fehlbewertung vor der Planbestätigung einzuwenden. Ab Bestätigung des Plans ist er insoweit gebunden, die Norm geht § 70 StaRUG vor. Der bestätigte Plan entfaltet auch Wirkungen außerhalb des Kreises der Planbetroffenen, nach § 68 StaRUG dient dieser umfassend als Nachweis und überwindet Formerfordernisse, etwa bei Verfügungen über Rechte an Grundstücken, denn Formvorschriften über Willenserklärungen können durch den bestätigten Plan gem. § 68 StaRUG als erfüllt angesehen werden.

Die Heilung von Verfahrens- wie auch Willensmängeln dagegen bedarf gem. § 67 Abs. 6 StaRUG der Rechtskraft der Planbestätigung. Die Bedeutung dieser Regelung darf nicht unterschätzt werden, denn sie führt zur Unzulässigkeit der Anfechtung nach Rechtskraft des Plans. Da der Plan eine mehrseitige Vereinbarung sui generis ist, ist er (eigentlich) der Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB zugänglich. Ein Irrtum nach § 119 BGB gilt damit als umfassend beseitigt. Eingeschränkt ausgenommen hiervon sind nur, wie man aus dem Wortlaut des § 90 Abs. 1 StaRUG ersehen kann, solche Willensmängel, die nach § 123 BGB anfechtbar sind. Der Planbetroffene muss hier umfassend und noch in der Beschwerdefrist prüfen, ob ein Anfechtungsgrund vorliegt. Sollte ihm dies im Nachhinein erst klar werden, so kann er dies nach Rechtskraft des Plans nicht mehr geltend machen.

II. Wirkungskreis des Plans

Der Plan erfasst die Forderungen der Planbetroffenen. In § 70 StaRUG ist dabei geregelt, wie weit die Wirkung des Restrukturierungsplans Forderungen umfasst, deren Inhalt streitig ist. Hier gilt, wie im gesamten Restrukturierungsverfahren, dass es dem Schuldner obliegt, dies zu ermitteln und den richtigen Betrag anzusetzen. In der Regel wird zwischen dem Schuldner und dem Planbetroffenen Einigkeit über die Forderungshöhe bestehen. Bei Unklarheit oder Streit über die Höhe der einzubeziehenden Forderung regelt § 70 Abs. 1 StaRUG, dass die Forderungen in der Höhe ihrer späteren Feststellung unter den Plan fallen, welche der Schuldner dem Plan zugrunde gelegt hat. Legt der Schuldner also etwa eine Forderung in Höhe von 75.000 EUR dem Plan zugrunde, wird aber später festgestellt, dass die Höhe der Forderung 100.000 EUR beträgt, so sind die überschießenden 25.000 EUR nicht von der Wirkung des Plans umfasst. So wird der Schuldner indirekt animiert, die Forderungen des Gläubigers möglichst umfassend anzuerkennen. Der Plan gesteht dem Schuldner aber hierbei zu, dass er sich auf die gerichtliche Festsetzung des Stimmrechts (die ja der Forderungshöhe entsprechen) verlassen bzw. im Nachhinein noch das Gericht hierzu anrufen darf. Sollte sich aufgrund einer späteren Feststellung eine höhere Forderungshöhe als die dem Plan zugrunde gelegte ergeben, wirkt sich dies nicht negativ auf den Plan insgesamt aus. Da Verzug die Forderungen wieder aufleben lassen kann gem. § 69 StaRUG, war diese ausdrückliche Klarstellung auch notwendig.

III. Die Vollstreckbarkeit des Plans

Gem. § 71 Abs. 1 StaRUG kann erst ab Rechtskraft aus dem Plan vollstreckt werden. Dies ist von zentraler Bedeutung, da dem Plan als Vollstreckungstitel eine ganz andere Bedeutung zukommt. Dies umfasst nach Abs. 2 sogar Forderungen gegen neben dem Schuldner haftenden Dritten, z. B. Bürgen, soweit diese Forderungen schriftlich beim Restrukturierungsgericht eingereicht wurden.

Ab Rechtskraft verdrängt gem. Abs. 4 der Plan bereits bestehende Titel und tritt an deren Stelle. Insoweit liegt hier aber keine automatische Aufhebung des alten Titels vor, dies kann nur durch eine gerichtliche Entscheidung geschehen. Aufgrund der Wirkung und Bedeutung eines Titels im Rechtsverkehr ist die Rechtskraft der Bestätigung notwendig. Der Gesetzgeber will hier Klarheit über den rechtlichen Bestand. Versucht der Planbetroffene aus dem Titel vor Rechtskraft des Plans zu vollstrecken, so kann der Schuldner den Inhalt des Plans als materielle Einwendung anführen, nach Rechtskraft dagegen ist die Vollstreckung bereits per se unzulässig.

IV. Fazit

Der bestätigte Restrukturierungsplan wirkt bereits vor der Rechtskraft der Bestätigung umfassend, dies stellt zum einen sicher, dass die Restrukturierung nicht durch ein Rechtsbehelfsverfahren behindert wird, für Gläubiger birgt dies aber erhebliche Risiken für den Zeitraum zwischen Bestätigung und Beschwerdeentscheidung.

Ab Rechtskraft greift der Plan noch weiter, er wird zum Titel und verdrängt alte Titel und entfaltet umfassende Heilungswirkung auf Willensmängel. Will sich ein Gläubiger gegen einen Sanierungs­plan wenden, sollte er möglichst schon vor der Planbestätigung aktiv werden.

Rechtsanwalt Rüdiger Bauch, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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