Neuregelungen zum Investitionsabzugsbetrag und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG

08. Juli 2021 Blog Steuerberatung

Planen Steuerpflichtige abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anzuschaffen oder herzustellen, können sie unter bestimmten Voraussetzungen Teile der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen. Abschreibungen können dabei um bis zu drei Jahre vorgezogen werden, nämlich durch das Bilden eines Investitionsabzugsbetrags (IAB). Außerdem können Steuerpflichtige neben linearen auch Sonderabschreibungen geltend machen.

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 und des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes wurden Neuregelungen hinsichtlich des IAB sowie der Sonderabschreibungen eingeführt.

Was Sie über die Neuerungen wissen müssen, erfahren Sie in unserem heutigen Newsletter.

Oksana Miglietti

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Dipl.-Kauffrau (FH)

Mit dem Investitionsabzugsbetrag werden kleine und mittlere Betriebe gefördert. Er kommt deshalb nur im Rahmen von Gewinneinkünften in Betracht, d.h. bei Gewerbetreibenden, bei Land- und Forstwirten sowie bei Freiberuflern. Einnahmen aus Vermietungen zählen nicht dazu.

Neuregelungen für den Investitionsabzugsbetrag und der Sonderabschreibung ab 2020

Nach der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Regelung konnten Steuerpflichtige für geplante Anschaffungen oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bis zu 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen, so genannte Investitionsabzugsbeträge bilden und Abschreibungen auf diese künftigen Investitionen damit vorziehen. Dies knüpfte der Gesetzgeber bisher an die folgenden Voraussetzungen:

  • Es musste die Absicht bestehen, in Wirtschaftsgüter zu investieren, die abnutzbar und beweglich sind. Damit schieden unbewegliche Wirtschaftsgüter wie Grund und Boden, Gebäude und Außenanlagen oder immaterielle Vermögenswerte aus. Die Investitionen mussten dem Anlagevermögen zugeordnet und im Jahr der Investition sowie dem Folgejahr (fast) ausschließlich betrieblich genutzt werden. Die außerbetriebliche private Nutzung durfte nicht mehr als zehn Prozent betragen. Die Anschaffungen mussten nicht zwingend neu sein, sondern konnten auch gebraucht erworben werden. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sowie zum Verkauf bestimmte Waren waren nicht begünstigt.
  • Das Betriebsvermögen durfte bei bilanzierenden Betrieben von Gewerbetreibenden oder Freiberuflern am Ende desjenigen Wirtschaftsjahres, in dem der IAB in Anspruch genommen wurde, 235 000 Euro nicht überschreiten.
  • Bei Land- und Forstwirten durfte der Wirtschaftswert oder ein Ersatzwirtschaftswert nicht mehr als 125 000 Euro betragen.
  • Bei Gewerbetreibenden, Freiberuflern sowie Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn im Rahmen einer Einnahmenüberschussrechnung ermittelt haben, durfte der Gewinn vor Abzug des IAB nicht höher als 100 000 Euro sein.

Mit dem JStG 2020 wurden nun gleichzeitig mehrere Anpassungen beim Investitionsabzugsbetrag vorgenommen. So erhöht sich der Abzugsbetrag von 40 auf 50 Prozent. Außerdem wurden die bisherigen Regelungen zu den Größenmerkmalen vereinheitlicht und großzügig angepasst – maßgeblich ist jetzt der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird. Dieser darf die neue einheitliche Grenze von 200 000 Euro vor Abzug nicht überschreiten. Auf die Art der Gewinnermittlung kommt es nicht mehr an.

Bisher konnte der IAB nicht in Anspruch genommen werden, wenn die Wirtschaftsgüter, in die investiert worden war, länger als drei Monate vermietet wurden. Eine Ausnahme galt bisher lediglich bei einer Betriebsaufspaltung. Fortan gilt nun aber, dass Wirtschaftsgüter, die ab dem 1. Januar 2020 vermietet werden, unter die Anwendung des § 7g EStG fallen. Somit ist sowohl die kurzfristige, als auch langfristige Vermietung von Wirtschaftsgütern begünstigt.

Die neuen Regelungen gelten für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.

Durch den gewinnmindernden Abzug des Investitionsabzugsbetrages sollen Abschreibungen, die tatsächlich erst im Jahr der Anschaffung oder Herstellung anfallen, bereits vorweggenommen werden. Die Inanspruchnahme von § 7g Abs. 1 EStG führt zu einer Steuerstundung. Dadurch können Unternehmen Mittel ansparen, um Investitionen leichter zu finanzieren. Durch eine geschickte Inanspruchnahme des Wahlrechts zur Bildung eines IAB kann die Steuerbelastung bei progressivem Einkommensteuertarif in der mehrjährigen Betrachtung einen Steuervorteil bringen. Hinzu kommt ein Liquiditätsvorteil aus dem Effekt der Steuerstundung.

Für Investitionsabzugsbeträge, die zuletzt im Jahr 2017 gebildet wurden und für die der reguläre Investitionszeitraum zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen wäre, wurde dieser Investitionszeitraum um eines und damit auf insgesamt vier Jahre verlängert. Das dient in erster Linie der Entlastung von Unternehmen, die im Corona-Jahr bei Nicht-Investition und Inanspruchnahme eines IAB diesen rückwirkend im Jahr seiner Bildung hätten auflösen müssen und damit der steuerlichen Belastung aus der Auflösung ausgesetzt worden wären.

Neben den linearen Abschreibungen können Steuerpflichtige zudem im Jahr der Neuanschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu 20 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten geltend machen. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung entsprechen denjenigen des Investitionsabzugsbetrags. Damit gelten die Neuregelungen ab dem 1. Januar 2020 auch für die Sonderabschreibungen. Eine echte Neuerung kommt dabei bei den eingeführten vermieteten Wirtschaftsgütern, die seit dem JStG 2020 ebenfalls bei der Sonderabschreibung begünstigt sind.

Durch die Neuregelung können kleine und mittlere Betriebe einheitlich gleich von der Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags profitieren und in Altfällen den verlängerten Zeitraum für die Neuanschaffung über das Corona-Jahr hinaus nutzen.

Oksana Miglietti, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Dipl.-Kauffrau (FH)