Das Berliner Testament bei Trennung und Scheidung

15. Oktober 2019 Blog Erbrecht und Unternehmensnachfolge

Für Ehegatten steht bei der Errichtung ihres Testaments in der Regel die Versorgung des überlebenden Ehegatten im Vordergrund. An dieser Stelle erfreut sich das sogenannte Berliner Testament besonderer Beliebtheit, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig zum Alleinerben einsetzen. Gemeinsame Kinder werden zu Schlusserben bestimmt.

Ob das Berliner Testament auch im Falle einer Trennung oder Scheidung wirksam bleibt, erfahren Sie in diesem Newsletter.

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OLG: Berliner Testament auch bei Aussetzung des Scheidungsverfahrens unwirksam

OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2018 – 3 W 71/18

Ein gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) verliert seine Wirksamkeit, wenn sich die Ehegatten später scheiden lassen oder wenn die Voraussetzungen für eine Scheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt beziehungsweise einem Scheidungsantrag zugestimmt hat. Selbst wenn das Scheidungsverfahren zugunsten eines Mediationsverfahrens ausgesetzt werden sollte, lässt dies eine ursprünglich erklärte Zustimmung zur Scheidung nicht entfallen.

I. Sachverhalt
Eheleute hatten im Jahr 2012 ein gemeinschaftliches Testament verfasst, in dem sie sich gegenseitig zum Alleinerben und die gemeinsame Adoptivtochter als Schlusserbin einsetzten (Berliner Testament). Ein Jahr später trennte sich das Paar. Die Ehefrau reichte einen Scheidungsantrag ein, dem der Ehemann vor Gericht zustimmte.

In der Zwischenzeit einigten sich die Eheleute darauf, das Scheidungsverfahren auszusetzen und im Rahmen eines Mediationsverfahrens noch einmal zu prüfen, ob sie die Ehe nicht doch fortführen wollten.

Kurz darauf verstarb der Ehemann. Sowohl die Ehefrau als auch die Tochter stellten daraufhin jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zu ihren Gunsten. Die Tochter begründete ihren Antrag damit, dass der Vater kurz nach der Trennung im Jahr 2013 ein Einzeltestament errichtet hatte, welches die Tochter als Alleinerbin vorsah und die Klarstellung enthielt, dass die (Noch)-Ehefrau nach seinem Tode nichts erhalten solle. Aus Sicht der Ehefrau war der Ehemann gewillt gewesen, die Ehe zu retten. Er habe auch die Zustimmung zur Scheidung widerrufen.

Das Nachlassgericht entsprach dem Antrag der Tochter und erachtete das ursprüngliche gemeinschaftliche Testament der Ehegatten für unwirksam. Hiergegen richtete sich die Ehefrau mit einer Beschwerde.

II. Entscheidung des OLG Oldenburg
Auch das Oberlandesgericht Oldenburg hielt das gemeinschaftliche Testament der Eheleute für unwirksam und wies die Beschwerde der Ehefrau zurück.

Ein gemeinschaftliches Testament wird seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Diese Voraussetzungen einer Scheidung waren zum Zeitpunkt des Todes des Ehemannes erfüllt, da er dem Scheidungsantrag der Ehefrau zugestimmt hatte und die Eheleute bereits drei Jahre getrennt gelebt hatten. Ein Widerruf der Zustimmung zur Scheidung konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Hieran änderte auch das Mediationsverfahren nichts.

III. Hinweis
Trennt sich ein Ehepaar, bleiben die in einem Berliner Testament getroffenen Verfügungen zunächst wirksam. Finden die getroffenen Verfügungen bereits zu diesem Zeitpunkt keine Zustimmung mehr, so kann das Testament bei wechselseitiger Verfügung nur durch notariell beurkundeten Widerruf, der dem anderen Ehegatten zugehen muss, aufgehoben werden.

Ist ein Scheidungsantrag rechtshängig und liegen die Voraussetzungen für eine Scheidung vor, verliert das Testament zu diesem Zeitpunkt insgesamt seine Wirksamkeit. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine gesetzliche Auslegungsregel. Ein Testament zugunsten des Ehegatten kann nach dieser Auslegungsregel dann wirksam bleiben, wenn sich eindeutige Hinweise ergeben, dass die Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments die Verfügungen auch für den Fall der Scheidung getroffen hätten.

„Alles fließt“ stellte bereits Heraklit fest. Dies gilt es auch im Rahmen der Vermögensvorsorge. Jede letztwillige Verfügung ist nach ihrer Errichtung nicht in Stein gemeißelt und sollte vielmehr in regelmäßigen Zeitabständen auf ihre Aktualität hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Ändern sich die Lebensumstände, gilt das umso mehr. Aus Gründen der Eindeutigkeit und damit Rechtssicherheit bietet es sich bei letztwilligen Verfügungen zu Gunsten des Ehegatten auch an, den Fall der Scheidung bereits von vornherein im Testament zu berücksichtigen und klarzustellen, welche Regelung in diesem Falle gewünscht ist.

Rechtsanwältin Anita Veenhoff

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