Insolvenzanfechtung
Keine ungewöhnliche Situation: Plötzlich kommt es zu Zahlungsrückständen in einer laufenden Geschäftsbeziehung. Man will den Auftraggeber oder Geschäftspartner aber nicht verlieren. Für Rückstände werden Ratenzahlungen vereinbart oder andere Absprachen hinsichtlich der Zahlungsbedingungen besprochen, aber nicht eingehalten. Wer in dieser Situation trotz bestehender Rückstände weiterhin Aufträge für seinen Kunden ausführt und dieser später in die Insolvenz rutscht, setzt sich einem existenzgefährdenden Risiko aus. Denn kommt es hart auf hart, müssen bereits vom Kunden bezahlte Rechnungsbeträge vom Lieferanten zurückgezahlt werden. Rückwirkend kann dies die letzten vier Jahre, in bestimmten Fällen sogar die letzten 10 Jahre betreffen. Der Grund: Der Insolvenzverwalter des Geschäftspartners versucht, bereits erbrachte Zahlungen zurück zu holen.
Fragen
Durch die Insolvenzanfechtung kann der Insolvenzverwalter Unternehmenswerte, also die früher beim Schuldner vorhandene Haftungsmasse wiederherstellen, beziehungsweise in den Zustand zu Beginn der Krise bringen. Dies geschieht beispielsweise, indem eine bereits geleistete Zahlung des Schuldners an einen Auftragnehmer rückgängig gemacht wird. Mit dem Ziel, dieses Vermögen wieder für alle Gläubiger verfügbar zu machen und nach den Regelungen der Insolvenzordnung zu verteilen. Der Schutz der Gesamtheit der Gläubiger wird so zu Lasten und durch die einseitige Begünstigung einzelner Gläubiger durch den Schuldner korrigiert.
Sobald erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten eines Geschäftspartners bekannt sind, muss man sich der Risiken der Fortführung einer Geschäftsbeziehung bewusst werden und wirksame Vorsichtsmaßnahmen treffen.
Konkrete Alarmzeichen sind:
1. Lieferanten-Kundenbeziehung mithilfe der Checkliste auf Warnsignale überprüfen und zeitnah reagieren.
2. Rechtzeitig einen Eigentumsvorbehalt mit dem Geschäftspartner vereinbaren.
3. Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarungen abschließen und rechtzeitig auf Vorkasse umstellen.
4. Gegen die Risiken der Insolvenzanfechtung versichern.
Die Vorsatzanfechtung hat in der Praxis die größte Bedeutung für Lieferanten und Dienstleister. Daneben existieren aber noch weitere Anfechtungsgefahren, die in besonderen Situationen beziehungsweise im Hinblick auf bestimmte Geschäftsbeziehungen von Bedeutung sind. Solche typischen Konstellationen sind beispielsweise:
1. Insolvenz einer Unternehmensgruppe auf Kundenseite
► Wird neben dem Vertragspartner auch die zahlende Gruppengesellschaft insolvent, kann deren Insolvenzverwalter solche Zahlungen zurückverlangen – und das vier Jahre lang.
2. Spezifische Gefahren für Kreditinstitute und andere Finanzierer
► Ist ein Sanierungskonzept erfolgversprechend, scheitert die Sanierung später aber dennoch, kann die Anfechtung ausgeschlossen sein – und zwar trotz Kenntnis der Liquiditätsprobleme. Von diesen Effekten eines qualifizierten Sanierungskonzepts können auch Lieferanten und Dienstleister profitieren.
3. Gefahren für Gesellschafter oder für Gesellschaften einer insolventen Unternehmensgruppe
► Bei der Finanzierung eines Unternehmens sind von den Gesellschaftern spezielle Anfechtungsnormen zu beachten. Beispielsweise, wenn das später insolvente Unternehmen von anderen Unternehmen der Gruppe durch Darlehen oder Warenlieferungen auf Ziel finanziert wird. Übernimmt ein Gesellschafter mit seinem privaten Vermögen vorübergehend die Haftung, besteht sogar dann ein Anfechtungsrisiko, wenn das Unternehmen sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Krise befunden hat.
Rechtssprechung
Bleiben Sie auf dem neuesten Stand!
Kontakt
Dr. Pascal Schütze
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht